Mythen von heute, ewige Mythen

Es hat keinen Sinn, sich die Frage zu stellen, warum ein geografischer Ort mit der Zeit zu einem einzigartigen und unvergleichbaren Anhaltspunkt wird. Wie es bei einem besonderen Wein, einer Spezialität hoher Kochkunst oder bei einem weltbekannten Ereignis der Fall ist: sie hören plötzlich auf, Gegenstände zu sein, um zum Symbol, zu einem universalen Sinnbild der Qualität, Erlesenheit, Exklusivität zu werden. Ein bestimmter Sekt ist für jeden und für immer zum Champagner geworden, so wie die Eier einer bestimmten Art Flussfische zum Kaviar geworden sind. Ebenso werden die Abendteuer des berühmtesten Geheimagenten der Welt, des Helden der einen Vodka-Martini bevorzugt (geschüttelt, bitte, nicht gerührt) zum Anlass, die Zuschauer im Rahmen der schönsten Landschaften der Welt träumen zu lassen.

Mehr als sinnlos ist es extrem komplex, verstehen zu wollen, wie Mythen entstehen. Die Erläuterungen dazu würden eine endlose Anzahl verschiedener Fächer und Wissensbereiche miteinbeziehen: von der Ikonografie zur Kunstgeschichte, von der Geschichte der Architektur bis zur Geschichte der Bräuche, der kulturellen Tendenzen und des Geschmacks.
Was den Comer See betrifft, muss man eigestehen, dass die Gründe leicht zu erkennen sind, die dieses von den Göttern seit mehr als drei Jahrhunderten gesegnetes Land (abgesehen von der Römischen Ära) zu einem beliebten Treffpunkt des internationalen Jetsets gemacht haben. Dem Leser dieser Webseite ist es wohl bekannt, dass der Grund für die Einzigartigkeit dieses Sees in der außergewöhnlichen Verbindung von Natur und Kultur zu erkennen ist. Es handelt sich dabei um ein dermaßen ausgewogenes Aufeinandertreffen, dass ein einzigartiges Gefühl von Wohlbefinden und Genuss daraus entsteht.

Es ist also selbstverständlich, dass James Bond, eine der immer gültigen Gestalten im kollektiven Vorstellungsvermögen, sich in einem seiner letzten Abendteuer gerade am Comer See befindet. Der Film Casino Royale (gedreht im Jahre 2006), verleiht dem Helden neue Tiefe und Eigenschaften, die beinahe trübselig sind, und bietet die fantastische Inszenierung in der Villa del Balbianello. Die Villa wurde Ende des XVIII Jahrhunderts errichtet und befindet sich auf der Spitze einer Halbinsel fast Bellagio gegenüber. Heute sieht die Villa so aus, wie ihr letzter Besitzer, der Forscher und Entdecker Guido Monzino, es sich gewünscht hatte. Sie bietet dem Besucher eine reiche Sammlung chinesischer, afrikanischer und präkolumbischer Kunst an. Dazu wertvolle Möbelstücke aus Frankreich und England des XVII Jahrhunderts. Doch das wahrhafte Meisterwerk ist der terrassierte Aussichtsgarten, auf dessen Höhepunkt die elegante dreibogige Loge emporragt.
So erweist sich die Antwort auf die rhetorische Frage, was James Bond am Comer See bloß mache, als sehr einfach, wenn nicht beinahe banal. Der Mann, der sich vorstellt, indem er den bekannten Satz ausspricht “Mein Name ist Bond, James Bond“, um seinen Reiz zu stärken, leiht sich einen der Wunderorte des Sees aus. Ein Muss, wenn es darum geht, eine Geschichte in ein wundervolles Szenario einzubetten, wie es bei der 007 Serie Tradition ist. Der mythische James Bond geht diesmal jedoch ein größeres Risiko ein, als es seine Gewohnheit ist: die Schönheit des Szenarios könnte dermaßen überwältigend sein, dass sie auch den erfahrensten Schauspieler in den Hintergrund rückt.

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